Weißeln, Malern oder Streichen... Wie auch immer man die versuchte Verschönerung der eigenen vier Wände nennen möchte, die bunte Kleckerei ohne Leinwand zählt nicht unbedingt zu den häuslichen Lieblingsbeschäftigungen, weil immer irgendetwas strombehaftetes abgeschraubt und abgeklemmt sowie alles, was nach vorzeigbarer Kante aussieht, abgeklebt werden muss. Folie ist leider auch so ein Stück Schutz, das sich nach spätestens einer Stunde klebrig um Leitern und die eigenen Füße wühlt, während Farbe Wände und den eigenen Körper zu gleichen Teilen heimsucht. Aus diesen Gründen schiebe ich diese Tätigkeit seit gefühlten Lichtjahren geschickt vor mich her. Bis es unumgänglich ist, weil der allgemeine Hausflur mittlerweile zur polizeilichen Fingerabdruckoffenbarung aus gesammeltem Dreck, den die hiesige Umgebung hergibt, geworden ist. Ungeschickter Weise in selbst gelegter Spur, die in Haustür anfängt und vor Wohnungstür aufhört und somit Täter klar identifizierbar sind. Nun denn. Farbe wird beäugt und mütterlicherseits so lange auf Weiß, Sahara und Lichtgrün rumgeritten, bis alle am Ende das Gefühl haben, man hätte aktiv und einstimmig an der Farbgestaltung mitgewirkt. Zufriedener Farbkauf hat doch was für sich. Das war es dann aber auch schon an Zufriedenheit. Jedenfalls für meinen Teil. Der lichtgrüne Bereich geht recht locker voran. Für Sahara muss die Lampe ab. War ja klar. Warnt mich mein Instinkt? Nö. Hör nix. Bloß keine Sicherung raus, man will sich schließlich nicht all zu lang mit Kleckern aufhalten. Denn es ist schon spät. Und es kommt, wie es kommen muss: es knallt. Der Strom knallt. Erst mir eine, dann der Sicherung. Mmmh. Funktion auch mal getestet. Haut hin. Mich auch. Erschöpft und niedergeschlagen hocke ich mich auf einen Stuhl. Dem Nachwuchs entgeht mal wieder nichts. "Du brauchst endlich wieder einen Mann oder einen Elektriker!" Grinst etwas besorgt und verschwindet nach draußen. Pippi kriecht siegessicher in Richtung Augen. Bloß nicht heulen. Momente, in denen die Kraft ausgeht, die einen für andere tough und stark aussehen lässt, obwohl man doch einfach nur so sein muss, weil einem garnichts anderes übrig bleibt. Denn gibt es endlich und dankbar eine Lücke oder Menschen zum Anlehnen und Fallenlassen, dann kommt der Teil zum Vorschein, der versteckt und beschützt werden muss, um zu überleben: Frau sein, zerbrechlich und Halt suchend. Das Bedürfnis nach Schutz und Wärme. In diesem Augenblick auch gern mit elektrotechnischem Weitblick. Ein Blick auf meine Lampe. Mir geht kein Licht auf. Ich muss das auch nicht können. Sahara wartet auf den nächsten Tag. Ich schleiche in Richtung Wohnungstür, um wenigstens noch den Hausflur von Schuhen und Grünzeug zu befreien, damit das Weiß bald auf den Dreck kann. Tür auf. Der nächste Schlag: der Nachwuchs steht mit Rolle bewaffnet und Papierhut auf'm Kopf im Flur und kleckert. Nicht auf den Boden, sondern an den richtigen Stellen an Wand. Fassungslos starre ich. Hoch und runter im Rollentakt, dann nach unten. Es ist sogar abgeklebt! "Kannst wieder reingehen. Ich mach das schon!" Ich nicke beeindruckt, noch immer sprachlos, und werde wiederum begrinst. Schützen und Beschützen. Immerhin beim Nachwuchs vorhanden: Instinkt!
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