...fühlt sich auf einer Hallig mal ganz anders an. Es ist mitten in der Nacht. Wind rüttelt nachts mit Stärke 9 Bft. ohne Widerstand an allen Fenstern und zieht pfeifend durch jede noch so schmale Lücke im Haus. Das Toben der See ist deutlich zu hören. Auch ein paar Gänse nehme ich wahr, die sich an den Gräben der Fennen ein geschütztes Schlupfloch suchen. Ich stehe auf und blicke hinaus über das kleine Land und sehe in keinem der Häuser noch Licht. Ich mutmaße, dass sich bestimmt jeder der knapp einhundert Einwohner bereits im sicheren Schutzraum befindet und dass ahnungslose Touristen dem blanken Hans überlassen werden. Was suchen die Unwissenden auch an Neujahrstagen in purer und schonungsloser Natur. Die Böen rütteln an allem, was im Weg ist. Ich kann nicht schlafen. Das Lesen von Berichten über die Sturmfluten von 1962 und 1976 machen es erstaunlicher Weise auch nicht besser. Erst am späten Morgen wird es leiser. Und es passiert: nichts. Ab neun geht hier wieder alles unbeeindruckt seinen ruhigen Gang. Ich erfahre später, dass für einen Halligbewohner Windstärke 9 ein Lüftchen ist und Schutzräume tatsächlich nur bei extremem Hochwasser bezogen werden. Aber auch, dass die Nordsee nie schläft, sie wartet nur...
Anja Harz
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