Ich sitze im Auto Richtung Norden und belausche die Töne zwischen Fahrbahnbelag und meinen Reifen. "Bitte ziehen Sie nach 100 km die neuen Reifen nochmal nach!" Das sind Aussagen, die ich wie das pünktliche Sommer-auf-Winterreifen-Umgestelle brav zeitlich ins Hinterstübchen rücke. Ich lausche weiter. Ist bestimmt der Belag. Plötzlich fällt mir meine Haus- und Hofwerkstatt wieder ein, die mir den eine Woche vor geplanter Wartung meines Supermobils angeforderten Leihwagen vor die Eingangstür fährt und nach drei Wochen Schnee und Väterchen-Frost-Temperaturen erstaunt feststellt: "Oh, damit können Sie nicht fahren. Da sind ja Sommerreifen drauf!" Da, wie bereits erwähnt, auch Instinkt hin und wieder eine Mangelerscheinung ist, ich aber bei vorhandenem Verstand jeden Tag um gut Wetter bettele, stellt dieser mir ein ungutes Gefühl zur Verfügung und mahnt zu verantwortungsvollem Handeln. Ich nehme die nächste Raststätte, parke und wühle nach meinem Radkreuz. Endlich, unter 25,9 Taschen für den Nachwuchs und einer für mich, das ersehnte Stück Werkzeug in der Hand, entferne ich die dreckigen Radblenden. Wie vermutet, ist reine Armkraft nicht ausreichend. Mit Rock und Stiefeln bekleidet hüpfe ich doch relativ erfolgreich kreuzend alle vier Schrauben jedes Reifens ab. Im Auto links von mir beobachten mich zwei Paar Herrenaugen, die genüßlich an einer Zigarette ziehen und nicht einmal ansatzweise versuchen, so zu tun als wären sie beschäftigt. Dann parkt rechts von mir ein weiteres Auto. Die Tür geht auf, eine junge Frau steigt aus, kommt auf mich zu und fragt: "Kann ich Ihnen helfen?"
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