Ich darf mich in der glücklichen Lage schätzen, einen griechischen Urlaub zu genießen. Das Saisonende steht hier kurz bevor. Genauer gesagt, ist für Gastgeber und Urlauber einer der letzten Tage angebrochen. Trotz dessen, einer wirtschaftlich schlechten Lage, und des Wissens, in den kommenden sechs Monaten vom gerade eingenommenen Geld leben und überleben zu müssen, begegnen einem hier zu jeder Zeit Freundlich- und Herzlichkeit, gepaart mit Stolz und Hoffnung. Während ich das bunte Treiben bei Kaffee und Wasser beobachte, schweifen meine Gedanken ab. Zu unserem Griechen gegenüber des Büros, bei dem ich gedankenverloren beim ersten Mal mittags statt Gyros einen Döner bestellt habe... und mein Essen mit Schelte von hinten und einem breiten Grinsen erhielt. Ich frage mich oft, wie es Menschen gelingt, ihr Land zu verlassen und woanders ein neues Leben zu beginnen. Jeden morgen komme ich auf dem Weg zur Arbeit am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbei. Wer hier mit Kind und Kegel, alt und jung, schwanger, gezeichnet, wie auch immer, geduldig in der langen Schlange steht, im Heim um die Ecke notdürftig die ersten Tage verbringt, um mit in weißen Tüten verpackten Utensilien für den Start auf den Bus zu warten, der die Hoffenden in die nächste Unterkunft bringt, um neuen Ankömmlingen Platz zu machen - der hat sicher aus einer anderen Motivation heraus als aus einem schlechten wirtschaftlichen Hintergrund diese Strapazen bis hierher auf sich genommen. Ohne Gewissheit, jemals einen dauerhaft genehmigten Aufenthalt, Arbeit, Ruhe und Wohlstand erlangen zu können. Erwartung eingetauscht gegen den verzweifelten Wunsch nach Hilfe und Frieden. Besser ein unsicheres als gar kein Leben. Wenngleich es auch realitätsfremd wirken mag, doch die Möglichkeit zu haben, neben- und miteinander ein menschenachtendes Leben führen zu können, sollte keine Erwartung sondern selbstverständlich sein. Egal wo...
Anja Harz
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